In der Landwirtschaft unterscheidet man zwischen Haupt- und Zwischenfrüchten. In die erste Kategorie fallen die Pflanzen, mit denen die Betriebe vor allem ihr Geld verdienen - etwa Getreide, Kartoffeln oder Mais. Nach ihrer Ernte schlägt die Zeit der Zwischenfrüchte: Sie werden ausgesät, um die Bodenqualität zu erhalten oder zu verbessern. Sie verdrängen beispielsweise Unkräuter, verhindern die Auswaschung von Nitrat und reduzieren die Erosion durch Regen und Wind. „Meist werden sie nicht geerntet, sondern sterben bei den ersten frostigen Tagen einfach ab“, erklärt Roman Kemper, der am Institut für Nutzpflanzenwissenschaften und Ressourcenschutz (INRES) der Universität Bonn in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Thomas Döring promoviert. „Dennoch sind sie für einen wirtschaftlichen Ackerbau immens wichtig.“
Zwischenfrucht-Mischungen mit Reinsaaten verglichen
Viele dieser positiven Effekte hängen maßgeblich davon ab, wie gut die Zwischenfrüchte den Ackerboden durchwurzeln. „Bislang war die Annahme verbreitet, dass Zwischenfrucht-Mischungen das Bodenprofil intensiver durchwurzeln als Zwischenfrucht-Reinsaaten aus einer einzigen Pflanzenart“, sagt Kemper. Die Idee dahinter: Wenn die Wurzeln mehrerer gleichzeitig ausgesäter Arten in Konkurrenz treten, trägt das zur sogenannten Nischendifferenzierung bei. Manche Zwischenfrüchte durchwurzeln dann verstärkt obere Bodenschichten, andere dagegen suchen ihr Heil in der Tiefe.
„Insgesamt sollte sich bei Mischungen daher die Durchwurzelung über das gesamte Bodenprofil erhöhen“, sagt Kemper. „In Agroforstsystemen, in denen neben typischen landwirtschaftlichen Nutzpflanzen auch Bäume angepflanzt werden, tritt dieser Effekt tatsächlich auf. Bei den Zwischenfrüchten auf unseren Feldern konnten wir ihn jedoch nicht nachweisen.“
Die Forschenden haben für ihre Studie die Zwischenfrüchte Ölrettich, Inkarnatklee und Grünroggen getestet. Die Pflanzen wurden entweder einzeln oder als Mischung ausgesät. Im Spätherbst untersuchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dann die Durchwurzelung des Bodens in unterschiedlichen Tiefen.
„Das Ergebnis hat uns überrascht“, betont Kemper: „Einzeln ausgesät, zeigten vor allem Ölrettich und Grünroggen positive Effekte. Dabei wurzelte Grünroggen vorzugsweise in oberen Schichten, Ölrettich dagegen deutlich tiefer.“ Doch was passiert, wenn man Ölrettich und Grünroggen gemeinsam anpflanzt? Erstaunlicherweise erhöhte sich dadurch die Wurzelmasse in allen Bodenschichten zusammengenommen nicht. Zwar fiel die Durchwurzelung im Unterboden durch den Tiefwurzler Ölrettich in den Mischungen stärker aus, als wenn nur Reinsaaten angebaut wurden. Gleichzeitig waren die Wurzeln in den Zwischenfrucht-Mischungen aber deutlich dünner, so dass ihre Masse insgesamt nicht zunahm.
Jede Wurzel unter der Lupe gesäubert
Die Ergebnisse dokumentieren, wie wenig bisher über das Wurzelwachstum von Pflanzenmischungen bekannt ist. Das dürfte auch daran liegen, dass seine Erforschung immens aufwändig ist. So mussten für die Studie Hunderte von Bodenproben entnommen werden, jede so groß wie ein Ziegelstein. Die Proben wurden gewaschen, gesiebt und anschließend kleinste Verunreinigungen der teilweise nur wenige Zehntel Millimeter dicken Wurzeln mit der Pinzette entfernt. Jede Wurzel wurde dann gescannt, getrocknet und gewogen.
Doch die mühevolle Arbeit ist ihren Aufwand wert. „Bislang sind die Prozesse bei der Durchwurzelung unserer Kulturpflanzen erst in Ansätzen erforscht“, sagt Kemper. „Hier gibt es daher noch jede Menge Neues zu entdecken.“
Zur Pressemitteilung der Universität Bonn:
https://www.uni-bonn.de/de/neues/150-2023 | 06.09.2023