Das Wetter ist prächtig. Nach den nassen Wochen zum Ende des Winters ist es jetzt günstig, dass der Boden gut abgetrocknet ist. Denn die Saat muss in den Boden. Andernfalls verlieren wir ein ganzes Jahr! In den letzten Tagen waren die Feldtechniker daher von früh bis spät beschäftigt, um die diesjährigen Feldversuche zu säen. Unter anderem galt es, den großen und komplexen Mischungsversuch mit Sommerweizen und Ackerbohnen für das Exzellenzcluster PhenoRob zu säen. Alle sind ziemlich erleichtert, dass die Saat bislang trotz der Pandemie und der umfangreichen Beschränkungen so gut geklappt hat.
Denn was schon sonst immer viel Flexibilität und schnelles Umplanen in Reaktion auf das Wetter erfordert, ist dieses Jahr durch die eingeschränkte Bewegungsfreiheit besonders kompliziert. Wir haben das Team in kleinstmögliche Untergruppen aufgeteilt, die sich jeweils nicht begegnen, damit nicht, wenn sich eine Person infiziert, durch Quarantäne der Kontaktpersonen das gesamte Team ausfällt. Das macht die Planung im Feld umständlich und erfordert einiges an zusätzlicher Zeit. Angesichts dieser vielfältigen Aktivitäten will sich auch bei den meisten von uns noch nicht der Effekt einstellen, dass jetzt mal Zeit für etwas ganz Anderes wäre, was sonst in der Hektik immer liegen geblieben ist.
Während bei strahlendem Sonnenschein mittels Drohnenflügen von den gesäten Feldversuchsflächen bereits erste hochauflösende Bilder gemacht werden, findet das Sortieren von Wurzelproben aus letztem Versuchsjahr im Home-Labor statt (siehe Abbildung). Unterdessen nutzt die Imkerei, die an unserem Fachgebiet angesiedelt ist, das noch kalte Wetter, um die Bienenvölker auf die anstehende Saison vorzubereiten. Das heißt vor allem: Platz im Stock schaffen, damit die Völker wachsen können. Noch kann diese Arbeit mit den Bienen ohne große Änderungen weitestgehend in Alleinarbeit durchgeführt werden, mit Semesterbeginn aber steht der Bienenkurs an: Für den großen Andrang an Bachelor- und Master-Studierenden, die die Bienen-Module belegen, werden wir u.a. Videos einsetzen, um kontaktlose Lehre zu ermöglichen.
Überhaupt sind wir erstaunt, wieviel ohne persönliches Treffen möglich ist – auch wenn das Persönliche und Atmosphärische dabei natürlich oft etwas zu kurz kommt. Aber die technischen Möglichkeiten von Videokonferenzen ersparen z.B. die Reise zur externen Doktorandin nach Berlin, deren Fragen auch auf diese Weise beantwortet werden können, und selbst das Institutsmeeting per zoom ist kaum noch von einer regulären Gremiensitzung zu unterscheiden – allerdings ist es kürzer, und das ist ja vermutlich auch ein Gewinn! So hat sich über die letzte Woche erstaunlich schnell eine gewisse Routine in der Ausnahmesituation entwickelt. In der Krise lernen wir viel Neues, aber auch uns gegenseitig, und uns selbst, neu kennen.
Der Autor
Prof. Dr. Thomas Döring leitet seit 2017 an der Universität Bonn die Arbeitsgruppe für Agrarökologie und Organischen Landbau. Zuvor war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachgebiet Acker- und Pflanzenbau der Humboldt-Universität Berlin, an der er sich auch habilitierte. Sein wissenschaftliches Interesse gilt unter anderem dem ökologischen Pflanzenbau, der Ertragsstabilität bei Nutzpflanzen und der Resilienz in Ackerbausystemen.
Das Exzellenzcluster PhenoRob
PhenoRob ist eines von sechs Exzellenzclustern der Universität Bonn und wird zusammen mit dem Forschungszentrum Jülich durchgeführt. Es ist das einzige Exzellenzcluster Deutschlands zum Thema Landwirtschaft. Mit einem technologiegetriebenen Ansatz verfolgt PhenoRob das Ziel, substanzielle Schritte in Richtung einer nachhaltigeren Nutzpflanzenproduktion zu ermöglichen: den ökologischen Fußabdruck verringern und die Qualität von Boden und Ackerland erhalten. Dafür werden neue Möglichkeiten und Technologien für den Anbau und die Bewirtschaftung von Feldern erforscht. Der neuartige Ansatz von PhenoRob integriert ganz unterschiedliche Disziplinen wie einerseits Robotik, Digitalisierung und maschinellem Lernen und andererseits moderne Phänotypisierung, Modellierung und Pflanzenproduktion.
Mehr Lebenszeichen finden Sie hier: https://www.uni-bonn.de/die-universitaet/lebenszeichen