„Das ist wie Weihnachten und Ostern zusammen“, scherzt Kanaan Khodr, Auszubildender im dritten Lehrjahr auf dem Campus Frankenforst, dem tierwissenschaftlichen Außenlabor der Universität Bonn in Königswinter-Vinxel. Der Vorgänger des neuen Fendt-Traktors 514 war schon im Einsatz, als der Azubi noch gar nicht geboren war. Etliche Male hatte der alte Traktor seitdem von der Laufleistung her den Erdball umrundet; nun wurde er außer Dienst gestellt und in Zahlung gegeben. Sein hochmoderner Nachfolger wird ebenfalls dabei helfen, Futter für die Tiere des Versuchsguts anzubauen.
Das liegt nicht zuletzt an der guten Pflege, die die Techniker der Außenlabore den bisherigen Fahrzeugen hatten zuteil werden lassen. Aber schließlich wurde es dann doch Zeit, zu investieren, sagt der geschäftsführende Direktor der Außenlabore, Prof. Dr. Ralf Pude. Zwar entsprechen die neu beschafften Schlepper dem heutigen Standard in der Landwirtschaft, jedoch wurde auf Lenksysteme geachtet, die kompatibel mit der Versuchsplanung sind: „Das heißt, wir können die Versuchsparzellen am Computer vorplanen und die Spuren, die der Traktor abfahren soll, auf diesen übertragen. Dies ist bei etwa 100 Versuchen, die wir jedes Jahr durchführen, eine riesige Erleichterung!“ Um die modernen Schlepper in vollem Umfang einsetzen zu können, wurden alle Mitarbeitenden ausführlich geschult.
Ein Alleinstellungsmerkmal der Universität
Kanzler Holger Gottschalk überbrachte die Grüße des Rektorats und übergab symbolisch die Schlüssel der Schlepper an Professor Pude. Gerne habe man investiert, betonte der Chef der Universitätsverwaltung: „Die Landwirtschaftliche Fakultät und das Exzellenzcluster PhenoRob sind Alleinstellungsmerkmale der Universität Bonn. Sie leisten mit Ihrer Forschung einen wichtigen Beitrag zu großen Herausforderungen der Menschheit wie etwa der Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung und einem nachhaltigen Wirtschaften. Exzellente Wissenschaft braucht auch eine exzellente Ausstattung.“ Die Freude steigerte Gottschalk noch mit dem Hinweis, dass eine weitere Bestellung von Großgeräten bereits getätigt sei.
Die vier Großfahrzeuge sollen künftig auf dem Campus Klein-Altendorf (Garten- und Pflanzenbau), dem Campus Frankenforst (Tierwissenschaften) und dem Campus Wiesengut (Organischer Landbau) zum Einsatz kommen. Unter ihnen ist auch „Robotti“, ein autonomer Feldroboter der Firma Agrointelli, der künftig am Wiesengut in Hennef den Forschenden und ihrem Team zur Hand gehen soll und ohne Fahrer auskommt. Das Fahrzeug hat eine Spurweite von drei Metern. Seine Reifen transportieren ihre Nutzlast, ohne die Versuchsflächen selbst zu befahren. Ein Bedienteil von der Größe eines Backsteins ist alles, was Versuchstechniker Justin Holldack braucht, um das Gerät zu manövrieren. Einmal am Startpunkt angelangt, fährt der Roboter dann wie von Geisterhand eine zuvor programmierte Route ab. Zwar muss ein Mensch jederzeit in der Nähe sein, wenn Robotti seine Runden dreht, aber auch Unvorhergesehenes meistert das autonome Gerät problemlos: Pflanzenresten kann es von echten Hindernissen unterscheiden. Im Zweifelsfall stoppt der Roboter und ruft den Menschen zur Hilfe herbei.
Präzision ist „Robottis“ Stärke
Dass der Roboter den Menschen in der Landwirtschaft ersetzen kann, glaubt Prof. Thomas Döring, wissenschaftlicher Leiter des Campus Wiesengut, nicht. Aber die Automatisierung hält Einzug in der Landwirtschaft, und da müsse die Wissenschaft Schritt halten. „Für uns geht es jetzt zu allererst einmal darum, Erfahrungen mit dem neuen System zu sammeln. Denn wenn die Landwirte es benutzen, müssen wir es auch kennen.“ Im Frühjahr wird „Robotti“ dem Team vom Außenlabor für Organischen Landbau der Universität, dem Wiesengut in Hennef, unter die Arme greifen. Dann wird die Maschine über die Felder fahren und mit großer Präzision Weizen und Mais aussähen. Den „Fahrplan“ dafür werden die Mitarbeitenden des Wiesenguts zuvor am Schreibtisch detailgenau ausarbeiten. Auch das Düngen und die „Bestandspflege“, wie die mechanische Unkrautbeseitigung im Fachjargon heißt, beherrscht Kollege Roboter.
Den größten Schlepper, einen Fendt 724, erhält der Campus Klein-Altendorf. Kanzler Holger Gottschalk überzeugte sich persönlich von dessen Wirksamkeit und durfte das Kraftpaket mit 238 Pferdestärken auch einmal selbst steuern. Es war nicht das erste Mal, dass der Diplom-Kaufmann einen Traktor lenkte. Er hat familiäre Wurzeln in der Landwirtschaft und in jungen Jahren sogar mit dem agrarwissenschaftlichen Studium geflirtet, verriet er der versammelten Belegschaft. Gottschalk kam nach seiner kleinen Spritztour mit dem Traktor regelrecht ins Schwärmen: „Es ist kein Vergleich zu früher. Man merkt gar nicht, dass man eine Riesenmaschine mit fast zehn Tonnen Gewicht bewegt – und das nur mit einem kleinen Joystick. Das ist eine ganz tolle Erfahrung!“