Schnellwachsende mehrjährige Rohstoffe

Nachwachsende Rohstoffe und ihre pflanzlichen Charakteristika machen sie zum Ausgangsmaterial der modernen Bioökonomie, erfüllen gleichzeitig ökosystemare Dienstleistungen und legen Kohlenstoff aus der Atmosphäre in Boden und Pflanzenteilen fest. So wird aus einer Pflanze eine Biomassepflanze, mit dem Nutzungsweg „von der Pflanze zum Produkt“.


Eine Wissenschaftlerin und ein Wissenschaftler arbeiten hinter einer Glasfassade und mischen Chemikalien mit Großgeräten.
© Katharina Luhmer

Miscanthus

Die Tiereinstreu als Substrat in den Blumentopf und dann in die Heizung, mit Miscanthus ist genau das möglich. Die Kaskadennutzung von Miscanthus ist bereits etabliertes Wissen, doch immer neue Nutzungswege stehen im Fokus von Forschung und Entwicklung.

Ob energetische Nutzung in Biogasanalgen oder der thermischen Verwertung, das große Potential von Miscanthus liegt in der stofflichen Nutzung. Vom sprtitzbaren Dämmputz bis zu Modulen zum Bauen, vielfältige innovative Lösungen für die Probleme der Zukunft können durch Miscanthus  in der Bioökonomie adressiert werden.

Paulownia

Der Blauglocken- oder Kiribaum (Paulownia) zählt zu den am schnellsten wachsenden Pflanzen der Welt. Mit Jahresringen von bis zu 4 cm und seinem leichten Holz besticht die Paulownia als „Aluminium der Gehölze“. Charakteristische Merkmale sind die großen Blätter und blau-violetten Blüten, welche der Paulownia ihren Namen „Blauglockenbaum“ brachten. Paulownia-Holz kann in vielfältigen Nutzungswegen verwertet werden, ob für Instrumente oder sogar für den Hausbau.

Darüber hinaus enthalten die Blätter verschiedenste wertgebende Inhaltsstoffe. Neben der Nutzung in Plantagen kann der Blauglockenbaum auch in Agroforst-Systemen / Intercropping-Systemen genutzt werden, um so einen doppelt genutzten Flächenertrag zu generieren. All diese Eigenschaften machen den Kiribaum zu einem interessanten Nachwachsenden Rohstoff für stoffliche Verwertungswege der Zukunft.

IMG_20210902_135716.jpg
© Katharina Luhmer
Eine Wissenschaftlerin und ein Wissenschaftler arbeiten hinter einer Glasfassade und mischen Chemikalien mit Großgeräten.
© Volker Lannert

Durchwachsene Silphie

Die Durchwachsene Silphie (Silphium perfoliatum L.) ist eine nahe Verwandte Staude der Sonnenblume aus der Familie der Asteraceae und stammt ursprünglich aus Nordamerika. Im Sommer beginnt die bis in den Herbst andauernde Blütezeit, wobei immer wieder neue Blüten gebildet werden. Dadurch ist die Infloreszenz besonders attraktiv für bestäubende Insekten. Die Durchwachsene Silphie wird hauptsächlich energetisch als Koferment in Biogasanlagen verwendet. Wobei sie auch stofflich, zum Beispiel zur Herstellung von Papier oder als EPS-Substitut in Leichtbeton, genutzt werden kann.

Am Campus Klein-Altendorf wird die weltweit größte Sammlung von S. perfoliatum kultiviert. Diese stammt von einer Reise durch das natürliche Verbreitungsgebiet, auf der Saatgut von wilden Silphien gesammelt wurde (nähere Infos: https://silphiumsammelreise.blogspot.com). Dieser einzigartige Genpool bildet das Fundament einer erfolgreichen, an ihre diversen Nutzungsmöglichkeiten angepasste, Zucht der Durchwachsenen Silphie.

Sida

Die bis zu 3 m hoch wachsende Sida hermaphrodita, auch Virginiamalve oder Virginische Fächermalve genannt, kann in vielerlei Hinsicht genutzt werden. Im Vergleich zu Miscanthus oder Silphium ist die Biomasse der Sida deutlich holzartiger und daher ist sie für die stoffliche Nutzung besonders Interessant.

Ebenso wie Silphium ziehen auch die Blüten der Sida Insekten an und machen sie so aus Sicht der ökosystemaren Dienstleistungen interessant.

PICT0059.JPG
© INRES Nawaro

Aktuelle Forschungsprojekte

IMG_mehrjährige.JPG
© INRES Nawaro

ZertiFix

Eignung mehrjähriger, schnellwachsender Pflanzen zur Kohlenstoffspeicherung in Boden, Pflanze und Produkten im Hinblick auf die Entwicklung von CO2-Zertifizierungsmodellen

Die Reduktion des CO2-Ausstoßes ist eine Kernstrategie zur Verlangsamung des Klimawandels. Studien zeigen jedoch, dass eine Reduktion allein nicht ausreichen wird. Ein negativer CO2-Ausstoß scheint nötig, um die für 2050 gesetzten Ziele zu erreichen (Detz & van der Zwaan, 2019). Hierzu sollen neue Technologien entwickelt werden, um CO2 aus der Atmosphäre zu fixieren. Um Kohlenstoff anzureichern, muss jedoch nicht auf komplexe Technik zurückgegriffen werden. Mehrjährige Kulturen, wie Obstbäume und mehrjährige und schnellwachsende Nachwachsende Rohstoffe, fixieren über ihre Nutzungsdauer große Mengen CO2 in ihren Pflanzenorganen. Werden aus den Nachwachsenden Rohstoffen biobasierte Produkte hergestellt, wird der Kohlenstoff in diesen für die Nutzungsdauer fixiert. Um die Leistung der Obstgehölze und mehrjährigen, schnellwachsenden Nachwachsenden Rohstoffen auch monetär zu bewerten, sollen im ZertiFix-Projekt die Möglichkeiten einer entsprechenden CO2-Zertifizierung geprüft werden. So sollen auch weitere Anreize für Landwirte geschaffen werden, diese Kulturen anzubauen und so einen Beitrag zur Reduktion des CO2-Gehalts in der Atmosphäre zu leisten. Dafür sind detaillierte Analysen der Kohlenstoffeinlagerung in den verschiedenen Pflanzenteilen nötig, sowie Untersuchungen der Kohlenstoffdynamik in Boden und Pflanze über Pflanzenalter und Vegetationsperiode hinweg. Ziel des Projektes soll es darüber hinaus sein, für Obstgehölze und mehrjährige Nachwachsende Rohstoffe (inkl. Produkte) Zertifizierungsmodelle für die CO2-Fixierung zu entwickeln (ZertiFix).

Weitere Infos zum Projekt: 

Avatar Bernschein

Matthias Bernschein

gefördert vom MULNV NRW

DSC09949.JPG
© INRES Nawaro

MisKaRe

Miscanthus in der Kaskadennutzung: Retentionspotential von Dauerkulturflächen auf Abflussbildungsprozesse zur Reduktion von Hochwasserrisiko & Nutzung der Biomasse in regionalen Wertschöpfungsketten

Angesichts des steigenden Interesses an nachwachsenden Rohstoffen und der Dringlichkeit, Ressourcen effizient zu nutzen, rückt die Kaskadennutzung von Miscanthus zunehmend in den Fokus. Besonders das Retentionspotenzial von Miscanthus im Zusammenhang mit Infiltrations- und Abflussbildungsprozessen steht hierbei im Zentrum der Aufmerksamkeit. In Regionen wie Nordrhein-Westfalen (NRW) und Rheinland-Pfalz (RLP) gewinnen Flusshochwasser und Starkregenereignisse an Bedeutung, während extreme Wetterbedingungen wie Dürreperioden und starke Niederschläge zunehmen (BKK 2015). Die Trockenheit und die vorherrschende Landnutzung in diesen Gebieten begünstigen den Oberflächenabfluss, was zusätzliche Herausforderungen mit sich bringt.

Im Rahmen des Projektes „MisKaRe“ werden die Infiltrations- und Abflussbildungsraten auf ausgewählten Testflächen untersucht. Das Hauptziel besteht darin, die Wirkung von Miscanthus auf die Reduzierung des Oberflächenabflusses zu analysieren und zu quantifizieren. Gleichzeitig wird die Fähigkeit von Miscanthus untersucht, Regenwasser im Boden zu speichern und dadurch das Risiko von Bodenerosion zu verringern. Es wird vermutet, dass Miscanthus im Vergleich zu konventionellen Ackerflächen ein erhöhtes Retentionspotenzial aufweist, was auf Faktoren wie längere Vegetationsperioden, tiefere Wurzelsysteme, eine dichte Mulchschicht und erhöhte Regenwurmaktivität zurückzuführen ist.

Um die spezifischen Auswirkungen von Miscanthus auf die Bodenhydrologie und die Umwelt besser zu verstehen und die Akzeptanz bei Landwirten zu fördern, sind weitere umfangreiche Untersuchungen und Feldversuche erforderlich. Diese Ansätze werden im Projekt MisKaRe verfolgt und in den nächsten drei Jahren durch Daten aus wissenschaftlichen Versuchen unterstützt.

Weitere Infos zum Projekt:

Avatar tho Seeth

Friederike tho Seeth

Kofinanziert von der EU_RGB_POSITIV.png
© EFRE

Kontakt

Avatar Pude

Prof. Dr. Ralf Pude

Avatar Völkering

Georg Völkering

Avatar Bernschein

Matthias Bernschein

Avatar tho Seeth

Friederike tho Seeth


Wird geladen